MARK KNOPFLER : LEIPZIG 2019

 

Disc One (68:02)

  1. Why Aye Man
  2. Corned Beef City
  3. Sailing To Philadelphia
  4. Once Upon A Time In The West
  5. Romeo And Juliet
  6. My Bacon Roll
  7. Matchstick Man
  8. Done With Bonaparte

Disc Two (59:33)

  1. Heart Full of holes
  2. She's Gone/Your Latest Trick
  3. Postcards From Paraguay
  4. On Every Street
  5. Speedway At Nazareth
  6. Money For Nothing
  7. Piper To the end
  8. Going home

Label : MarkKnopfler.com

Venue : Arena Leipzig , Leipzig, Germany

Recording Date : July 5, 2019

Quality : Soundboard recording (A+)

Concert Review (Leipziger Volkszeitung) : Bis jetzt hat er noch an jeder seiner insgesamt 54 Tourstationen mit dem Aufhören kokettiert. Das ist in Leipzig in der ausverkauften Arena nicht anders. In wenigen Wochen wird er 70, da frage er sich häufiger, ob es jetzt nicht langsam gut sei. Dann lächelt er fein, stoßseufzt dem Publikum das Bekenntnis entgegen, dass ihm „das hier“ einfach verdammt viel Spaß mache – und dann macht er weiter mit seinem Konzert. Und wird es mit dem Touren wahrschein- und hoffentlich nicht anders halten. Denn ein Musiker, der für solche Abende gut ist, der darf nicht aufhören. Seit 1977 – da brachen die Dire Straits durch – steht Knopfler mittlerweile als Gigant auf der Bühne. Seit der Auflösung der Band, die ihm zu groß wurde und zu stressig, im Jahr 1995 als Solitär. Da kommt eine Menge Song-Material zusammen. Und der lässige Herr mit silbergrauem Haarkranz, schwarzer Jeans und Hemd, kann auf seiner „Down the Road Wherever“-Tour in die Vollen greifen. Die Tour heißt, das ist Usus im Rock-Geschäft, wie die aktuelle Platte. Die ist seit Herbst zu haben, ein Meisterwerk – beim Arena-Konzert aber nur mit zwei Titeln vertreten: „Matchstick Man“, worin sich Knopfler seiner Anfänge mit einer „really Scheiß-Band“ erinnert und „My Bacon Roll“, seine bittersanfte Abrechnung mit den selbstgefällig-nostalgischen Brexit-Briten. Aber auch am anderen Ende seiner Karriere hat Knopfler ausgedünnt: Auf die „Sultans of Swing“ warten die in jeder Beziehung bunt gemischten Fans vergeblich. Und werden doch auch mit einschlägigem Dire-Straits-Material hinreichend versorgt. Zum Beispiel mit „Once Upon a Time In the West“ vom 1979er Album „Communiqué“ und dem bewegenden „Romeo And Juliet“ von „Making Movies“ (1980) in einer wunderbar ausführlichen und entschleunigten Version. Der zweiteilige Zugabenblock schließlich beginnt mit „Money For Nothing“ („Brothers In Arms“, 1985) – und hier tanzt und singt auch wirklich der ganze Saal mit. Dennoch macht Knopfler keinen Hehl daraus, dass er zwar weiß, dass seine Fans die alten Dire-Straits-Sachen immer wieder hören wollen, ihm selbst aber die eigenen Nummern eher am Herzen liegen. Die sind tatsächlich ebenfalls großartiges Singer-Songwriting, decken zwischen dem Opener „Why Aye Man“ von 2002, worin es um britische Thatcher-Flüchtlinge in Deutschland geht („Econonmic refugees / on the run to Germany“), und dem traumschönen „Going Home“ von 1983 aus Knopflers erstem Soundtrack (für „Local Hero“) ein beeindruckend weites Feld ab. Rock, der seine Wurzeln in den Blues schlägt, Folk, dezent Jazziges, Karibisches gar, Kracher und Schmeichler, Schlager und Sperriges, Melancholisches und Zorniges – von Knopfler gesungen mit dieser einzigartigen Un-Stimme, deren Nölen zärtlich streicheln kann und grantig knarzen, entschlossen raspeln und verstört hauchen. Mit der Höhe hat es der reife Superstar nicht mehr so – drum lässt er sie kurzerhand weg. Und singt so vielleicht besser als je zuvor, auf jeden Fall intensiver und beseelter. Und wenn es nicht mehr geht, dann übergibt er eben an den Kollegen Danny Cumming an den Percussions. Dennoch wollen die meisten Mark Knopfler zwar singen hören – aber lieber noch Gitarre spielen. Und auch an den Saiten gilt: Besser war er nie. Dieser absolut schlackenfreie Ton, die definierte Attacke, zu der seine Finger, die kein Plektrum benötigen, befähigt sind, die kleinteiligen Arabesken und Seufzer, die er wie Satzzeichen zwischen seinen Gesang kantet. All das macht ihn – keineswegs nur auf der ikonischen feuerroten Fender Stratocaster – zum besten derzeit lebenden Strom-Gitarristen. Und wer da jetzt widerspricht, der irrt. Punkt. Mark Knopfler ist kein heißblütiger Flinkfinger. Er kann, aber er muss nicht. Eher noch: Er kann alles, aber er muss nichts mehr. Das ist bei seinem Gitarrenspiel nicht anders als bei seiner Setlist. Im Weglassen besteht die große Kunst – vorausgesetzt, das Richtige bleibt. Die Töne, die direkt aus der Seele singen und weinen und schluchzen und jubilieren und raunen und zetern. Er spielt sie, als spielte er sie nur für sich. Da ist keine Pose, keine Attitüde, keine Selbstdarstellung, keine Wichtigtuerei, schon gar kein Star-Kult: Mark Knopfler steht auf der nur spärlich von der fast ärmlichen Lichtorgel befunzelten Bühne und macht Musik. Er macht Musik mit der wohl besten Band, die er jemals hatte. Ziemlich fett besetzt ist sie mit zehn Musikern, die jeder gleich mehrere Instrumente grandios bedienen. Keyboarder Guy Fletcher ist dabei, der von 1984 bis zum bitteren Ende bei den Dire Straits diente, Glen Worf legt den Bass aus, Ian Thomas das Schlagzeug, Cummings (auch der war schon mit der Band unterwegs) sorgt für kleinteilige Percussion, Jim Cox sekundiert an Keyboard und Akkordeon. Richard Bennett setzt seine Gitarre mit völlig anderem Ton tapfer von der des Chefs ab, John McCusker streicht die Geige, ist aber auch auf Dudelsack und Bouzouki fit, und die Bläser Nigel Hitchcock (Saxofon) und Tom Walsh (Trompete) sorgen für dezenten Jazz-Glanz. Zehn Musiker an 48 Instrumenten – das klingt nach gefährlich viel. Und das ist es auch: viel und gefährlich. Aber diese sensationelle Band entgeht in jedem Takt der Gefahr, dass es zu viel wird. Manchmal erst kurz vor der Grenze zum Akustik-Kitsch, aber eben immer davor. Knopfler lässt sie machen, lässt ihnen Raum, sich frei- und auszuspielen, gibt ihnen Zeit für wunderbare Solos. Und dabei sind alle elf so perfekt aufeinander eingespielt, dass auch spontanen Erkundungen der gemeinsamen Möglichkeiten nichts im Wege steht. Gut zwei Stunden ohne Pause hält er durch, der rüstige Fast-70-Jährige. Und ist am Ende so gut drauf, als könnte er gleich noch mal von vorn beginnen. Die begeisterten Fans, die ihn in der Arena feiern, müssen sich also keine Sorgen machen: Mark Knopfler kehrt zu uns zurück. Bestimmt!